Drusenbergschule (1913-1917)
Angesichts des rasanten Bevölkerungswachstums im Verlauf der Industrialisierung
gehörte der Bau von Schulen zu den vordringlichen Infrastrukturmaßnahmen
in Bochum und seinen Nachbargemeinden. Bis 1913 entstanden in Bochum
allein 40 Volksschulen sowie mehrere weiterführende Schulen. Zu
den bedeutendsten Beispielen der Schularchitektur des ausgehenden Kaiserreichs
gehört die zwischen 1913 und 1917 erbaute und weitgehend unverändert
erhaltene Drusenbergschule.
Architekt der Schule war der Stadtbaumeister Karl Elkart (1880-1959),
seit 1912 Leiter der Hochbau-Planungsabteilung der Stadt Bochum und in
dieser Funktion auch zuständig für weitere Bauten der Stadt
wie das Stadtparkrestaurant und die Oberrealschule II an der Königsallee
(heute Graf Engelbert-Schule) sowie für Bauten privater Auftraggeber
wie die VEW-Hauptverwaltung in der Wielandstraße. Elkart war Schüler
des renommierten Architekten Theodor Fischer und gehörte zu den
jungen deutschen Architekten, die in dieser Zeit die bis dahin vorherrschende
historistische Formensprache der Baukunst durch eine moderne Backsteinarchitektur
nach Vorbild von Fritz Schumacher und Fritz Höger überwanden.
Ein Beispiel für diesen älteren Stil bietet im Ehrenfeld das
nur wenige Jahre zuvor errichtete Gebäude des Allgemeinen Knappschaftvereins.
Elkart blieb jedoch nur wenige Jahre in Bochum. Nach dem Krieg wechselte
er zunächst nach Berlin und dann nach Hannover, wo er 1929 eine
Honorarprofessur an der Technischen Hochschule erhielt. Elkart gehörte
zu den ersten Architekten, die in Deutschland Hochhäuser errichteten.
In Berlin wurde nach seinen Planungen das Ernst-Reuter-Haus, der Sitz
des Deutschen Städtetages erbaut.
Die Drusenbergschule besitzt einen in leichter Kurvatur angelegten langgestreckten
Bau in mittelaxialer Grundrisskonzeption mit Haupthaus und Nebenhaus.
Ein eingeschossiger Verbindungstrakt sowie das tempelartige Eingangsgebäude
zur Drusenbergstraße wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Die aufwändig gestaltete Vorderfassade ist mit hochrechteckigen
Fenstern, Rundbogenfenstern im mittleren Turnhallenbereich, Keramikeinsätzen
und Medaillons mit Märchenmotiven versehen. Ursprünglich war
sie weithin sichtbar, da sich die Drusenbergschule zur Bauzeit am südlichen
Rand des Ehrenfelds befand. Kunstvolle schmiedeeiserne Treppengeländer,
Parkettfußböden, glasierte Keramikkacheln und die mit einem
Emporengang und Deckenbemalung versehene Turnhalle ergänzen das
Bild der Drusenbergschule.
Die Drusenbergschule dokumentiert sowohl ein Stück Baugeschichte
des späten Kaiserreichs als auch die Geschichte der Bochumer Stadtentwicklung
und wirft zudem ein Licht auf die mitunter gravierenden Probleme des
Baubooms im Ruhrgebiet. Als Gefangenenlager während der Ruhrbesetzung
zwischen 1923 und 1925 – die Hauptverwaltung der französischen
Besatzer befand sich in der erwähnten Oberrealschule – erlangte
sie weitergehende Bedeutung.
Aufgrund ihres Standortes in einem Bachbett, der zuvor als Müllkippe genutzt worden war, sackte die ehemals auf Straßenniveau stehende Schule immer weiter ab. Dies führte zu massiven statischen Schwierigkeiten und Bauschäden, die 1986 eine Schließung notwendig machten. Nach zweijähriger Diskussion um den Erhalt wurde sie 1988 unter Denkmalschutz gestellt und umfassend renoviert.
Dietmar Bleidick
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